Und ein Beruf als Hobby

 
Wie Hartmut Bischoff, so kommt auch Helmut Aßmann (MC Gotha) - jetzt 44 Jahre alt - ursprünglich vom Motorradgeländesport. Da fuhr er eine 350er Zündapp als Gespann. Doch das ist loange her: drei Jahre später wechselte er zum Strassenrennsport über, zunächst auch wieder als Gespannfahrer. Sportmann Aßmann erinnert sich: Damals mussten Anfänger erst einmal Bewerberläufe fahren, ehe eine Kommission über die Zulassung als Ausweisfahrer entschied. Heute wären Bergrennen die beste Bewährungsprobe für den Nachwuchs. Hier, im Kampf allein gegen die Uhr, beweisen sich die wirklichen Talente".
Helmut Aßmann zählte jahrelang zur Spitze im Motorradstrassenrennsport der DDR, besondere Verdienste erwarb er sich dazu in der erfolgreichen Suche nach talentierten Fahrern - auch Heinz Rossner und Bernd Tüngethal wurden von ihm "entdeckt" - und als Motorentuner. Eines seiner Meisterstücke: ein auf 152ccm aufgebohrter wassergekühlter 125er MZ-Drehschiebermotor mit 32 PS, 1963 erfolgreich in der 250er Lizenzklasse gefahren. Übrigens hatte Sportfreund Aßmann wassergekühlte MZ-Motoren schon Jahre vorher und als erster in der DDR eingesetzt.
Wer ist Helmut Aßmann? In Heft 2/1972 des ILLUSTRIERTEN MOTORSPORT war zu lesen, das er Vorsitzender des MC Gotha ist. Doch der Motorenfachmann? Ist er Kfz-Ingenieur oder etwas ähnliches? Nichts dergleichen. Sportfreund Aßmann hat einen Beruf zum Hobby gemacht. Er selst ist gelernter Lehrer, jetzt Diplomfachlehrer für Mathematik und Physik, leitender Lehrer für Polytechnik im Gummikombinat Thüringen, zudem Fachberater für Berufsausbildung und Berufsorientierung. Motoren sind seine grosse Leidenschaft. Was er in der Freizeit in der winzigen Werkstatt zu kraftvollem Leben erweckt, das wird zuvor, wenn die Familie schläft, zu Haus erdacht und am Reissbrett skizziert. Manchmal auch im Morgengrauen.
Früher waren auch K-Wagenmotoren - 50er und 125er - dabei. Doch das wurde zuviel. Jetzt hat jeder interessierte Motorsport-Club des Bezirkes Erfurt einen dieser scharfen Motoren zum Nachbauen bekommen. Nur wo es Schwierigkeiten gibt, hilft Aßmann einwenig nach. So wurde das eines seiner Verdienste: den K-Wagensport im Bezirk Erfurt zu hohem Leistungsstand geführt zu haben.
Im MC Gotha gab es 42 aktive Sportler. Sie kommen aus allen Disaziplinen, ausgenommen Motorwassersport, Trail- und Bahnsport. Ihre Maschinen - darunter drei 250er Strassenrennmaschinen - werden in erster Linie betreut. Seine Entwicklungen auf diesem Gebiet realisiert Helmut Aßmann zum größeren Teil selbst, das andere in einer Arbeitsgemeinschaft mit den Sportfreunden Heym, Willing, Reinhard und Klaus-Peter Krause. Persönliches Hauptziel des PS-Jägers vom MC Gotha ist die Weiterentwicklung des Trabantmotors für Sportzwecke. Im vergangenen Jahr, wo der von ihm von Drehschieber- auf Kolbensteuerung umgebaute Zweizylindermotor mit zwei Vergasern erstmalig beim Schleizer Dreieckrennen eingesetzt war, hatte er etwa 46 DIN PS. Damit kam der Trabant auf 140 km/h, eine Geschwindigkeit, für die der Wagen nie ausgelegt war. Fahrgestelländerungen wurden dringend notwendig, insbesondere in Bezug auf die Bremsen. Zur Saison 1972 konnte die Leistung, vorwiegend durch eine geänderte Aufpuffanlage, weiter gesteigert werden, wobei die Drehzahlen in durchaus vernünftigen Bereich geblieben sind. Dieser Motor verbraucht zur Zeit im Rennen 18 Liter und wird deshalb über eine Kraftstoffpumpe versorgt. Bei 100 km/h ist der Strassenverbrauch etwa 9 Liter. Beide Mengen sollen sich jedoch noch reduzieren lassen. Bemerkenswert sind das gute Einvernehmen und die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Sportfreund Aßmann und den Ingenieuren unseres volkseigenen Zwickauer Automobilwerks, die stets bereit sind, auch seine Erfahrungen zu nutzen. Es wäre wünschenswert, würde man auch in anderen Betrieben unserer Fahrzeugindustrie ähnliche Kontakte pflegen.
Und noch zwei Kurzmeldungen aus der Gothaer PS-"Fabrik":
1. Zum Saisonbeginn 1972 werden alle Trabantfahrer der Gruppe 2 des Bezirks Erfurt für Bergrennen über Dreikanal-Drehschiebermotoren von 40 bis 42 PS verfügen
2. Die ehemalige 250er Bernd Tüngethals, die jetzt zum Sportfreund Häring in der Ausweisklasse an den Start gebracht wird, bringt mehr als 50 PS und ist damit gut für 230 km/h.
Auch Helmut Aßmann meint: "Wer Sport treiben will, soll nicht erst sein Geld selbst verfeilen oder in unnützes Werkzeug anlegen, sondern sich im ADMV der DDR an Leute vom Fach wenden. Und sollte er über das nötige Werkzeug selbst verfügen, soll er sich zur rechten Zeit den rechten Rat holen". Darin steckt Wahrheit, vor allem wenn man folgendes bedenkt: Gegenwärtig sind in der DDR 190 Dauerstartnummern allein an Ausweisfahrer der 250er Klasse ausgegeben. Dazu kommen 70 Fahrer in der 50er und etwa 40 in der 125er Ausweisklasse. Lizenzler gibt es etwa 35 in jeder der beiden grossen Klassen. Das berichtete Max Haufe, seit 1960 Vorsitzender der Kommission Motorradstrassenrennsport im ADMV.
Leider hörten wir von Sportfreund Haufe auch betrübliches. In Schkeuditz wird es in diesem Jahr weder Trainingsläufe noch Rennen geben. Als Ersatz dafür ist Enda April ein Training auf dem Schleizer Dreieck geplant, die Wagenrennsportler wollen sich anschliessen. Die entgültige Entscheidung wird noch bekanntgegeben.
 
         
 ©IMS 3/1972 
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Irgendwo in Probstheida

 
Doch zurück zu den PS-Zauberern: Siegfried Leutert (MC Leipzig) ist allen am Strassenrennsport Interessierten bekannt als erfolgreicher ehemaliger Formel-3-Wagenrennfahrer. Er gehörte zu der sozialistischen Rennsportgemeinschaft um Willy Lehmann (MC Bitterfeld), deren Wagen noch heute unter der Bezeichnung SEG-Wartburg laufen. Auch Sportfreund Leutert ist einer von denen, die Motoren "anheizen"; diesmal geht es um den Wartburg.
In einem stillen Winkel in Probstheida, da, wo es aus Leipzig in die F96 nach Karl Marx Stadt geht, gibt es eine ADMV eigene Werkstatt. Sie ist nicht groß, eine ehemalige Bäckerei, man kann sie leicht übersehen. Ihre Aufgabe damals - vor mehr als 10 Jahren - war, einmal der Rallye-Gruppe des MC Leipzig zum zurichten der Motoren, zum anderen vorzugsweise für die Clubmitglieder als Reparaturwerkstatt zu dienen. Vor nunmehr zwei Jahren entdeckte Sportfreund Wolfgang Uhlemann, Mitglied des Büros des Präsidiums und der zentralen Sportkomnmission des ADMV der DDR, ein weiters Nutzungsgebiet für die Werkstatt, und zwar, selbstverständlich entsprechend der Möglichkeiten, die nach der Betreuung der Clubmitglieder verbleiben - als Leistungszentrum für den Automobilsport. Der Anfang wurde in der Zurichtung von Wartburg-Motoren für Sportzwecke gemacht, und zwar zunächst mit der Entwicklung eines Dreivergasermotors. Initiator war Sportfreund Uhlemann, der dabei wertvolle Unterstützung durch einige volkseigene Betriebe erhielt, insbesondere der Berliner Vergaserfabrik (BVF), das Metallgußwerk Leiptig (Megu) und Renak in Reichenbach. Von Renak kamen die verstärkten Kupplungen, ohne die hier die zusätzlichen "Pferde" nicht an den Mann zu bringen wären. Mit dem so verbesserten Motor haben sich beispielsweise Sparwald/Karsten (MC Post Berlin) 1970 und 1971 die DDR-Meisterschaft erkämpft. Der erste Motor hielt 48000 km! Siegfried Leutert, der hier in Probstheida selbstlos un unermütlich im Auftrag des ADMV wirkt, weihte uns in seine Geheimnisse ein: Für 1972 sind ausser Rallyemotoren auch einige Motoren für den Renneinsatz von Tourenwagen vorgesehen. Während bei den Rallyemotoren vor allem Wert auf einen guten Drehmomentenverlauf von unten her und möglichst grosse Standfestigkeit bei Leistungen um 70 PS gelegt wird, sind die Rennmotoren etwas spitzer und bringen etwa 80 PS, alles bei ledeglich etwa 4200 bis 4600 U/min.
Auch hier werden also die Möglichkeiten genutzt, die sich aus der Serienfertigung unserer volkseigenen Industrie bieten. Aänlich verfahren beispielsweise die Sportler in der CSSR mit ihren Rennwagen der Formel Skoda mit Motoren von 58 bis 60 PS und Spitzengeschwindigkeiten um 170 km/h. Alles ist dort serienmäßig, die Felgen, die (Gürtel-) Reifen und die Bremsen. 50 Wagen existieren in der CSSR, starke Felder nahezu gleicher Leistung garantieren spannenden Sport, bei dem in erster Linie der fahrerische Einsatz entscheidet.
Auch in Probstheida könnten solche 60 PS Motoren, hier auf Wartburg-Basis, in kleinen Serienm von jeweils fünf bis sechs Stück "auf Kiele gelegt" und so mit garantiert annährend gleicher Leistung für internationale Rennwagenvergleiche nach freier Formel zur Verfügung gestellt werden.
Die neue Saison steht unmittelbar bevor. Die PS-Zauberer haben auch diesmal keineswegs geschlafen. Einige Überraschungen sind angedeutet. Nicht mehr lange, und die Geheimnisse werden vollends gelüftet. Dann wird es sich zeigen, das auch im Moitorrennsport noch viele Möglichkeiten und Wege offen sind.
 
         
 ©IMS 3/1972 
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Sportliches aus der CSSR

 
Skoda 120 S
Zu den Skoda-Rallyeausführungen gesellte sich in diesem Jahr eine bis auf eine unauffällige Details vollkommen serienmäßig aussehende Limousine, die offiziell als Skoda 120S bezeichnet wird, und nur in ei9ner unbedeutenden Serie produziert wird. Man ging bei der Konzipierung dieses Wagens vom erst im August 1972 vorgestellten Skoda 110LS aus, baut in diesen Wagen aber einen auf 1172 ccm Hubraum gebrachten Vierzylinder-Motor ein und verlegt den Wasserkühler auf Kosten des an sich schon nicht grossen Kofferaumes nach vorn. Motorisch ergeben sich dadurch natürlich Vorteile, unter anderem, die durch Raumgewinn im Mortorenabteil mögliche Änderung des Ansaug- und Auslasstraktes.
Der Kraftstofftank fasst 58 Liter und hat einen Einfüllstutzen unterhalb des Kofferraumdeckels. Die Innenraummodifikationen umfassen die auch bei den Rallyetypen verwendeten zusätzlichen Armatureneinheit. Selbstverständlich können für sportliche Einsätze Schalensitze eingebaut werden.
Der Motor ist mit 64 SAE-PS bei 5250 U/min nicht hoch belastet. Das höchste Drehmoment von 9.1 kpm stellt sich schon bei 4000 U/min. ein. Trotz der relativ geringfügigen Leistungsspitze ist der Skoda 120S 150 km/h schnell und beschleunigt von 0...80/100 km/h in 11,0/16,4 s. Der Kraftstoffverbrauch wird mit 9,8...12 l/100km angegeben. Als interessantes Vewrsuchsobjekt der Zubehörindustrie ist der Wagen mit neuartigen Scheibenwischern ausgestattet, in die die Düsen der Waschanlage eingelassen sind.

Formel Skoda

Auch den Rennsportlern bietet Skoda verhältnissmäßig einfache Möglichkeiten mit Hilfe serienmäßiger Baugruppen und Aggregate. Beim Schleizer Dreieckrennen 1972 waren erstmals in der DDR Rennwagen der Formel Skoda eingesetzt, von denen bis jetzt 20 gebaut wurden. Die Wagen haben vorn und hinten die serienmäßigen Räder und Radaufhängung, lediglich der vordere obere Arm wurde etwas verlängert. Die vorderen Scheibenbremsen und die Trommelbremsen hinten kommen, wie die Hinterachse, aus der Serie. Hinter den Knien des Fahrers liegt der 27-l-Kraftstofftank. Der Fahrtwindgekühlte Wasserkühler vist am Bug untergebracht. Der serienmäßige 1100 ccm Motor von knapp 60PS ist mit dem - serienmäßig abgestuften - Viergang-Schaltgetriebe zum Heck hin eingebaut. Die Auslaßrohre des Vierzylinders münden in einen einzigen Auslasstrichter. Um Beschädigungen des Getriebes, vor allem des ganz hinten liegenden Schalthebels zu vermeiden, wurde ein Schutzkorb darüber gesetzt. Die Reifen sind normale Radial-Reifen, mit etwas höherem Druck gefahren. Die Wagen haben, bis auf wenige Ausnahmen, keinen Ölkühler. Die Lampe über dem Getriebekasten ist ein Stopplicht, das nun auch von unseren Fahrern mehr und mehr eingebaut wird. Es gibt auch Prototypen auf Basis des Skoda 120S. Der Zweivergasermotor von 1200 ccm wurde mit mehr als 120 PS angegeben, die Spitzengeschwindigkeit des Spyders mit mehr als 240 km/h.
 
         
 ©IMS 11/1972 
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